
Als die Tage nach Zimt schmeckten
Donia Bijan
Eine persische Familiengeschichte
Familiengeschichten haben immer etwas ganz Besonderes an sich. Ob man seine Familie nun liebt oder nicht, ob man gut mit allen auskommt oder nicht. Sie prägt uns im Guten wie im Schlechten, denn unweigerlich sind unsere Leben miteinander verknüpft. Wir teilen Eltern oder Geschwister, heiraten ein und müssen uns anpassen oder unsere eigene Geschichte mit der neuen Familie erschaffen. „Das kommt in den besten Familien vor“, sagt man. Oder „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen.“
Viele Familien werden getrennt und müssen versuchen, wieder zueinander zu finden. So geht es Familie Yagedar in der Geschichte „Als die Tage nach Zimt schmeckten“ von Donia Bijan.
Der Vater, Zod, schickte seine Tochter Noor und seinen Sohn Mehrdad als Jugendliche in die USA um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Er führt das Café Leila nach dem rätselhaften Tod seiner Frau mit vollem Herzblut weiter. Es ist sein Zuhause und mit seiner liebevollen Küche macht er es auch zu einem temporären Zuhause für seine Gäste.
Nach 30 Jahren kehrt Noor mit ihrer Tochter Lily in die Heimat Teheran zurück. Sie muss die Scheidung von ihrem Mann verarbeiten, erfährt, dass ihr Vater sterbenskrank ist und versucht, die Beziehung zu ihrer Tochter wieder aufzubauen, von der sie sich immer weiter entfernt hat. Die Pubertät, die Scheidung und fremde Kulturen erschweren ihr Verhältnis zueinander.
Das Teheran aus ihrer Kindheit ist so nicht mehr da. In den USA war sie immer eine Ausländerin, doch als Noor zurückkehrt, ist sie auch in der Heimat eher eine Ausländerin.
Als Leser erfährt man einiges über das dortige Rollenbild von Mann und Frau, z. B. in getrennten Schwimmstunden im öffentlichen Bad, über die persische Küche, die ein wichtiger Bestandteil des Miteinanders ist, über die Co-Existenz von Schönheit und Gewalt, die der Geschichte ihre entscheidende Wendung gibt und dem Leser die Gefahr, die ständig lauert, nahe bringt. Bis zu diesem Zeitpunkt liest sich der Roman recht entspannt trotz all der Hindernisse, die das Leben für die Protagonisten nunmal so mit sich bringt. Doch wie aus dem Nichts wird auch der Leser aus dieser friedvollen Umgebung gerissen und ab da ist nichts mehr wie es war.
Donia Bijan erzählt bildhaft, mit viel Liebe zum Detail und sehr emotional. So lässt sie Zod zu seiner künftigen Frau sagen: „Ich komme zu dir, als Mann, der das Herz im Gesicht und ein leeres Notizbuch bei sich trägt, um unsere Geschichte zu schreiben.“
Mein Lieblingssatz stammt von Karim (auf S. 78), nachdem er zum ersten Mal Lily sieht: „Er konnte nur noch eines denken: Am Morgen des 9. Juni um 8.15 Uhr habe ich mich verliebt.“
Wie viele Menschen gibt es wohl, die so genau wissen, wann sie sich verliebt haben?